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Botschaft, Uniform, Heimat, Historie: Die Tracht

Aktualisiert am 11.07.2018 in Kulturleben

Prozession in Alpbach vor der Postalm, © Tirol Werbung - Frank BauerProzession in Alpbach vor der Postalm © Tirol Werbung - Frank Bauer

Die Tiroler Tracht hat sich von der Ständekleidung der Bauern zur Festtagsmode für die Elite und weiter zum Symbol für Natur und Heimat entwickelt. Noch heute ist Tracht und Tirol untrennbar verbunden. Aber woher kommt das eigentlich? Auf Spurensuche im Tiroler Volkskunstmuseum.

Wer zu Karl Berger will, muss zuerst  – wie passend – an den Trachten vorbei. Der Leiter des Tiroler Volkskunstmuseums sitzt im zweiten Stock, versteckt am Ende der Ausstellung zu den Tiroler Trachten: 48 handgeschnitzte Figuren tragen hier die stattlichen Festtagstrachten, aufwändig geschnürt und stolz positioniert. Das Volkskunstmuseum hat in puncto Trachten eine lange Expertise: Bereits Ende des 19. Jahrhunderts gab es Konzepte, die dabei helfen sollten, einheitliche Trachten für Regionen zu entwickeln. Ab 1945 unterstützte das Museum Vereine und Musikkapellen dabei, wenn sie den Wunsch hatten, künftig in eigener Tracht aufzutreten.

Die Trachtenausstellung im Tiroler Volkskunstmuseum zeigt die historischen Festtagstrachten an 48 handgeschnitzten Figuren., © Tiroler Landesmuseen/WatzekDie Trachtenausstellung im Tiroler Volkskunstmuseum zeigt die historischen Festtagstrachten an 48 handgeschnitzten Figuren. © Tiroler Landesmuseen/Watzek

Ob auch Karl Berger gerne Tracht trägt, möchte ich gleich zu Beginn wissen: „Nicht mehr. Früher habe ich auch Tracht getragen, jetzt ist die Jeans meine „Tracht“.“  Eine Alltagstracht also? „Tracht kommt ja eigentlich von tragen, von dem her wäre die Jeans ja eigentlich auch eine Tracht. Das ist allerdings umgangssprachlich nicht ganz das, was man mit dem Wort verbindet.“

Eine Feder am Trachtenhut? Undenkbar!

Etwa 200 Jahre ist es her, dass sich das Wort Tracht mit seiner Bedeutung entwickelt hat. Davor war Tracht einfach Kleidung – und die war vor allem sehr ständisch orientiert. „Kleidung war eine Möglichkeit, sich voneinander zu unterscheiden. Der Adel hat sich ganz anders gekleidet als die bäuerliche Bevölkerung.“ Die Kleiderordnungen waren streng – in Tirol gibt es dazu etwa Beispiele aus dem 16. Jahrhundert: So war geregelt, wer eine Feder tragen darf oder für wen die Farbe Rot erlaubt ist. „Rot zu tragen oder eine Feder am Hut war ganz etwas Elitäres, für einen Bauern war das schlichtweg verboten – anders formuliert: es war ein Zeichen eines gewissen Standes“, sagt Karl Berger.

Karl Berger, Leiter des Tiroler Volkskunstmuseums, im Gespräch.Karl Berger, Leiter des Tiroler Volkskunstmuseums, im Gespräch.

Natürlich, erzählt Berger, habe man dann versucht, nachzueifern. „Der Adel trug bereits Anzüge mit Knöpfen, also wurden die komplizierten Schnürungen von Knöpfen ersetzt, Materialen wurden geändert, Schwarz wurde modern. Die Tracht wurde altmodisch.“

„Was wollen die mit der altmodischen Tracht?“

Als im späten 19. Jahrhundert am Land schon kaum mehr jemand Tracht trug, änderte sich diese Sicht wieder: Die Zeit der Romantik rückte auch das Ländliche und die Natur wieder in den Vordergrund. Das Interesse an der Tracht wurde groß. Die Tracht war für die elitäre Bevölkerung eine Möglichkeit, Standesunterschiede aufzuheben.

Tiroler Täler haben unterschiedliche Trachten., © KetzlerTiroler Täler haben unterschiedliche Trachten. © Ketzler

„Für den Adel und das Bürgertum war es schlimm, als sie gesehen haben, dass am Land nicht mehr Tracht getragen wird. Sie haben versucht mit gezielten Aktionen die Tracht wieder zu fördern.“ Es waren vor allem Zentren im städtischen Bereich – Meran, Kufstein, Innsbruck – in denen sich die ersten Vereine zur Erhaltung der Tracht gebildet haben. Berger erzählt:„Da waren dann der Richter oder der Lehrer Mitglied. Es war etwas Elitäres, da war kein Bauer dabei. Es hat dann eine Zeitlang gedauert, bis diese Idee dem Zielpublikum, wenn man so will, vermittelt wurde und auch die ländliche Bevölkerung wieder Tracht tragen wollte – zu einer Zeit, wo sie sagten: Was wollen die mit der altmodischen Kleidung?“

Die Tracht zeigt, wo man zuhause ist

Ich möchte wissen, woher die breite Vielfalt der Tiroler Trachten kommt: Ist das ein Resultat der Kleiderordnungen oder hat sich das bunte Trachtenmeer erst entwickelt, als die Tracht durch das Bürgertum wieder Trend wurde?

Kirchtag in Kals am Großglockner, © Tirol Werbung - Bernd UhligKirchtag in Kals am Großglockner © Tirol Werbung - Bernd Uhlig

„Sowohl als auch: Die Verordnungen standen mit den Zuständigen in Verbindung und Tirol ist ja erst sehr spät geeint worden. Das Tiroler Oberland war sehr früh Kernland, das Unterland gehörte lange zu Salzburg. Daher kommt eine gewisse Uneinheitlichkeit und Vielfalt. Was auch noch dazu kommt – und da sind wir im Andreas-Hofer-Gedenkjahr 1909 – war das Bemühen, bestimmte Täler auszudifferenzieren.“ Es war also wichtig, Einheitlichkeit zu schaffen? „Genau. Im 17. Jahrhundert war es noch wichtiger, dass ich mit der Trachtenkleidung beispielsweise meinen Familienstand zeigen kann, etwa mit der weißen Schürze für unverheiratete Frauen. Erst im 19. Jahrhundert wurde das Soziale, der Stand weniger wichtig, das Regionale rückte in den Vordergrund. Das konnte man mit einer Tracht zeigen.“

Oberland vs. Unterland

Apropos Regional: Als gebürtige Oberlandlerin hatte ich immer den Eindruck, die Trachten aus dem Unterland sind viel aufwändiger als die schlichten Kleider vom Oberland. Stimmt das?

Berger lacht: „Ja, das stimmt. Es gibt einen großen Unterschied zwischen den historischen Trachten im Oberland und den historischen Trachten im Unterland. Das hat ganz simpel mit Verfügbarkeit von finanziellen Ressourcen zu tun. Das heißt: Die Unterländer Bäuerin war einfach üppiger gekleidet, etwa mit dem Stotzenhut, weil sie einfach die Frau des Hofbesitzers war. Und im Unterland Hofbesitzer zu sein, bedeutete: großes Haus, große Felder. Im Oberland bedeutete es: 1/3 vom Haus zu besitzen, ¼ von der Wiese – es hat ganz viel mit Erbrecht und Realteilung zu tun.“

Berger, der selbst in Flirsch am Arlberg wohnt, weiß aber, dass sich Trachten immer weiterentwickelt haben, reduziert und verändert wurden: „Ich nehme jetzt die Flirscher her: Ihre erste Tracht der Musikkapelle war eine Biedermeier Tracht und da sind sie offenbar bei den diversen Treffen immer darauf aufmerksam gemacht worden, das sei ja keine Tiroler Tracht. Daraufhin haben sie sich eine andere Tracht machen lassen, die den anderen im Tal sehr ähnlich ist. Es muss tirolerisch passen. Tracht ist Uniform und Individualität, das muss kein Widerspruch sein.“

Andreas Hofer und die Tracht

Natürlich hat in Tirol auch Andreas Hofer seine Finger – oder besser die Lederhosen – im Spiel. Im Jahr 1909 haben sich zum 100-jährigen Gedenkjahr an den historischen Sieg am Berg Isel zahlreiche Musikkapellen und Schützenkompanien gegründet und die wurden nach und nach eingekleidet. Die historische Männertracht ist gerade deshalb in Tirol so stark mit Schützen und Musikkapellen verbunden.

Riesenrundgemälde Bergisel, © Tirol Werbung - Bernhard AichnerRiesenrundgemälde Bergisel © Tirol Werbung - Bernhard Aichner

1909 spielte auch deswegen eine wesentliche Rolle, weil sich dieses Jahr die Tracht mit Bedeutung auflud: „Vorher war Tracht Kleidung. Mit dem Jahr 1909 war es dann in Tirol so– und ähnlich kam es auch auch in anderen Gegenden –, dass Tracht tragen ein gewisser Ausdruck war, eine gewisse Einstellung. In Tirol ist es natürlich so, dass mit 1909 Tracht ein Ausdruck wird für Patriotismus, auch für Naturverbundenheit. Wenn man die Fotografien anschaut, sind im Hintergrund nicht irgendwelche Industriebauten, sondern alpine Motive zu sehen, eine Kirche und ähnliches. Und dieses Bedeutungsgemisch der Spätromantik kommt hier ganz deutlich zum Ausdruck: Tracht tragen ist nicht nur Kleidung tragen, sondern eine Einstellung; eine politische Einstellung würde ich sogar sagen. Wer trägt heute Tracht? Das ist interessant, wenn man an Politiker denkt und wie bewusst manchmal Tracht getragen wird. Tracht ist auch Kommunikationsmittel: In Tirol glaube ich noch viel,viel stärker als anderswo.“

Rosanna Battisti fährt gerne weg und kommt gerne wieder – vor allem im Winter, wenn die Skipisten rufen.

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